Buchrezensionen der Oberstufenkurse 2010/12
Die folgenden Rezensionen wurden in den Schuljahren 2010/11 und 2011/12 von Schülerinnen und Schülern der Oberstufenkurse von OStR Lober im Fach Deutsch verfasst:
 - Jane Austen, Emma (Theresa Spiegel)
 - David Safier, Mieses Karma (Lena Baumeister)
 - Simon Beckett, Kalte Asche (Antonia Fickel)
 - John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama (Franziska Krüger)
 - Robert Harris, Vaterland (Florian Leibold)
 - Nele Neuhaus, Schneewittchen muss sterben (Verena Fiedler)
 - Manfred Böckl, Die Leibeigenen (Antonia Fickel)
 - M. J. Rose, Die Magdalenen Morde (Lena Baumeister)
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: Jane Austen, Emma (Theresa Spiegel)
Â
Emma Woodhouse, die Hauptfigur des Romans und die erste Titelheldin Jane Austens, wird bereits im ersten Satz mit den Eigenschaften schön, klug und reich beschrieben. Die selbstbewusste Einundzwanzigjährige ist beinahe die einzige Protagonistin in den zahlreichen Romanen der englischen Schriftstellerin, die keine Geldsorgen hat. Sie führt ein ruhiges Leben als Herrin auf dem Gut ihres Vaters in Highbury, der ständig umsorgt werden muss. Es kommen immer wieder langjährige, vertraute Freunde zu Besuch, wie beispielsweise der Bruder ihres Schwagers Mr. Knightley, ein kluger, verständiger Mann von sieben- oder achtunddreißig Jahren, der zwar seit Beginn anwesend ist, aber vom Leser nie richtig wahrgenommen bzw. beachtet wird. Eine besondere Rolle nimmt dagegen Harriet Smith ein. Harriet, ein uneheliches Kind von zunächst unbekannter Herkunft, ist hübsch, bescheiden und Emma sozial unterlegen. Dennoch nimmt diese sich ihrer als Freundin an und versucht sie mit besseren Kreisen bekannt zu machen und ihr gute Umgangsformen zu vermitteln. Gleichzeitig will sie auch als Kupplerin fungieren, da sie sich Mr. Elton, den ansässigen Pfarrer, trotz des sozialen Unterschieds als Ehemann für Harriet wünscht. Als Harriet von Mr. Martin, einem Pachthofbesitzer, einen Heiratsantrag erhält, ist Emma natürlich überhaupt nicht begeistert und redet ihrer eigentlich bescheidenen Freundin die Heirat aus, mit dem Hinweis auf Mr. Eltons vermutliche Zuneigung und dass sie etwas Besseres verdient hätte. Mr. Elton scheint zunächst auch ein gutaussehender, junger, liebenswürdiger Mensch zu sein, der ihnen viele Aufmerksamkeiten schenkt, die Emma sofort seiner Liebe zu Harriet zuschreibt. Dann bittet dieser aber nicht Harriet, sondern Emma ihn zu heiraten. Diese ist wie vor den Kopf gestoßen und lehnt empört ab. Zu diesem Zeitpunkt kommen seine wahren Charaktereigenschaften ans Licht: er ist kühl, arrogant und erklärt, dass er sich nie für Harriet erniedrigt hätte. Darauf macht er sich auf eine Reise, um nach wenigen Wochen mit einer Verlobten heimzukehren, die sich genau wie er für etwas Besseres hält, dabei aber ungebildet und anstandslos ist. Eine nicht unbedeutende Rolle spielt auch Jane Fairfax, eine Waise, die das Glück guter Erziehung hatte und nun ihre Tante und Großmutter in Highbury besucht. Emma hegt anfangs eine Abneigung gegen die reservierte, damenhafte Jane, und vermutet sogar, dass diese eine Affäre mit dem Ehemann ihrer besten Freundin hat, ist aber zum Schluss mit ihr befreundet. Zuletzt muss noch ein Name fallen, um den Inhalt vollständig zu machen, nämlich Mr. Frank Churchill, der Stiefsohn von Emmas geliebtem Kindermädchen. Auch er kommt zur gleichen Zeit wie Mrs. Fairfax zu Besuch. Emma ist von Anfang an überzeugt eine gute Meinung von ihm zu haben, und auch der Leser gewinnt schnell Sympathien für ihn. Er ist gesellschaftlich angesehen und stets heiter und fröhlich. Emma und er verstehen sich zugleich und haben immer etwas zu reden. Er scheint auch durchaus mit ihr zu flirten, wodurch alles darauf hindeutet, dass sich beide ineinander verlieben. Dann nimmt die Handlung aber eine völlig unvorhergesehene Wendung und man erfährt, dass Mr. Frank Churchill und Jane Fairfax heimlich verlobt sind. Für Emma müsste diese Neuigkeit eigentlich ein Schock sein, doch auch hier geschieht etwas, womit keiner gerechnet hätte. Als Harriet Emma gesteht, dass sie Gefühle für Mr. Knightley hat, wird diese eifersüchtig und erkennt, dass sie in Wahrheit in ihn verliebt ist. Zum Schluss bekennt auch er seine aufrichtige Liebe zu Emma und sie heiraten. Doch auch Harriet, die nun zweimal eine bittere Enttäuschung erleben musste, findet ihr Glück, indem sie den zweiten Antrag des gutherzigen Mr. Martin annimmt.
Â
An diesem Beispiel führt Jane Austen in das sittliche, englische Bürgertum zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein. Harriet ist nicht von hohem sozialem Rang und so bleiben ihr einige Türen verschlossen. Mr. Elton denkt überhaupt nicht daran, eine gesellschaftlich unter ihm stehende Frau zu heiraten, bekommt aber am Ende zwar eine wohlhabende, dafür jedoch aufdringliche und unsympathische Frau, während Harriet eine mittellose Ehe eingeht, die ihr Glück verspricht. Damit zeigt Jane Austen, dass auch zu dieser Zeit Geld nicht mit Glück verbunden sein muss. Der gesellschaftliche Zwang ist allerdings sehr groß. Alles wird durch Geburt und Vermögen bestimmt. Es wird stets ein der sozialen Stellung entsprechendes Verhalten erwartet, das sich vor allem in Gesprächen zeigt. Die zum Teil über mehrere Seiten langen Dialoge zwischen Emma und Harriet oder Emma und Mr. Knightley zeigen in ihrer Ausdrucksweise die jeweilige Bildung. In den meisten ihrer Romane lässt Jane Austen verschiedene gesellschaftliche Schichten zusammentreffen, wie z.B. in „Stolz und Vorurteil“, wo die mittellose Elizabeth zum Schluss den reichen Mr. Darcy heiratet. Die Frauen in ihren Romanen sichern sich damit finanziell ab. Da im Fall Emmas aber die Frage des Vermögens kein Problem darstellt, verspürt sie eigentlich den Wunsch, niemals zu heiraten. Es ist auch lohnenswert, die Hintergründe Jane Austens genauer zu betrachten. Jane Austen ist 1775 als Tochter eines Landpfarrers geboren. Nachdem sie 1786 die Schule verlässt, beginnt sie bereits mit dem Schreiben erster Texte. Bis zu dem Tod ihres Vaters 1805 schreibt sie einige bedeutende Werke. Ihr Schreiben gehört zum Alltag der lebhaften Pfarrersfamilie. Dann dauert es allerdings 4 Jahre, bis sie zusammen mit ihrer Mutter und Schwester nach Jahren der Entwurzelung wieder eine sichere Bleibe findet. Damit beginnt ihre zweite Schaffensperiode mit „Mansfield Park“ und schließlich 1815 mit „Emma“, einem Werk, das die Autorin mit neuem Lebensmut und Selbstbewusstsein geschrieben hat und das ihr literarisch bedeutendster Roman wurde. Jane Austen hatte also bis 1815 bereits sehr viel erreicht, deshalb konnte sie sich durchaus erlauben über eine Heldin, die mit sehr viel Eigenliebe ausgestattet ist und am Ende mit einer Hochzeit belohnt wird, zu schreiben. Formal gesehen ist lediglich die Frage interessant, warum das Werk aus drei Büchern besteht, da der Inhalt doch nahtlos von einem zum anderen übergeht. Die Sprache entspricht zwar der Zeit, enthält aber ihren ganz eigenen Charakter und einen beinahe zeitlosen Reiz. Jane Austen erzählt sehr ausführlich, dabei ironisch und mit trockenem Humor. Die Erzählperspektive ist überwiegend personal, aus der Sicht von Emma. Der Leser erfährt die Ereignisse erst, wenn auch sie sie mitgeteilt bekommt. Deshalb erwartet er genauso wenig z.B. die Verlobung von Jane Fairfax und Mr. Frank Churchill, weil auch Emma ahnungslos ist. Obwohl Emma keine Ich- Erzählerin ist, erfährt man doch die meisten ihrer Gefühle und Gedanken und ist an ihre subjektive Wirklichkeit gebunden, was beim Leser eine gewisse Sympathie für sie aufkommen lässt. Dadurch sind Emmas Irrungen und Fehlinterpretationen auch leichter zu verzeihen, da der Leser selbst im Ungewissen war. Deswegen ist Jane Austens Aussage: „ Ich werde eine Heldin schaffen, die keiner außer mir besonders mögen wird“, die sie noch bevor sie zu schreiben begann traf, nicht ganz zutreffend. Vor allem weil Emma ihre Fehler einsieht und bereut, wird es für den Leser schwer, sie nicht leiden zu können. Es ist nicht alles personal erzählt, da die Erzählperspektive teilweise zu einer neutralen Erzählerstimme wechselt. Eine Ausnahme ist da Kapitel fünf, in dem Emma überhaupt nicht vorkommt. Oft ist auch schwer erkennbar, wo dieser Wechsel auftaucht, da sich die beiden Perspektiven an einigen Stellen vermischen (z.B. Seite 76, ab Zeile 30: Mr. Knightley hatte nichts von einer solchen Leidenschaft gesehen, aber sie hatte zuviel davon gesehen, um im Zweifel darüber zu sein…). Dadurch merkt der Leser manchmal vielleicht nicht, wenn aus einer objektiven Beschreibung plötzlich eine subjektive wird und wird deshalb leichter beeinflusst. Die häufig verwendete direkte Rede macht die Geschichte lebendig, einige Dialoge und Passagen ziehen sich jedoch sehr in die Länge. Neben der zentralen Frage „Wer kommt mit wem zusammen?“ werden aber auch Werte vermittelt, z.B. dass Selbstkritik nicht immer schadet. Die von sich selbst überzeugte Emma macht enttäuschende Erfahrungen und zweifelt an sich, wodurch sie aber sowohl ihre Mitmenschen als auch sich selbst besser zu verstehen lernt.
Â
Insgesamt ist „Emma“ ein sehr lesenswerter Roman, der außerdem einen Einblick in die Verhältnisse Anfang des 19. Jahrhunderts in England bietet. Trotz der ständigen Begleitung durch das Gerede von Miss Bates, die Ermahnungen von Mr. Knightley und den Hochmut von Mr. Elton sind die Gedankengänge Emmas immer gut nachvollziehbar. Die Protagonisten sind mit sehr verschiedenen Charakteren ausgestattet, die Handlung voller überraschender Wendungen und die Autorin gilt als wichtige Schriftstellerin der englischen Literatur. All dies macht diesen Roman in jeder Hinsicht außergewöhnlich.
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: David Safier, Mieses Karma (Lena Baumeister)
Â
Der Roman „Mieses Karma“ von David Safier erschien im Jahr 2007 im Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Es geht um die erfolgreiche Fernsehmoderatorin Kim Lange, die am Geburtstag Ihrer Tochter Lilly – vom schlechten Gewissen geplagt – zur Verleihung des deutschen Fernsehpreises eingeladen wird und diesen dann auch gewinnt. Sie betrügt in dieser Nacht ihren Mann Alex mit Daniel Kohn, der im Verlauf des Buches noch eine wichtige Rolle einnimmt. Auf dem Dach des Hotels wird sie dann von den Trümmern einer ausrangierten Raumstation erschlagen und findet sich im Erdreich als Ameise wieder. Ein dicker Ameisen- Buddha erklärt ihr, dass er nicht nur Anhänger seiner Religion, sondern auch Nichtgläubige aufnimmt. Kims Aufgabe ist es nun, so viel gutes Karma wie möglich zu sammeln um auf der Reinkarnationsleiter aufzusteigen und sich bei ihrer Familie zu entschuldigen. Außerdem tröstet ihr Mann sich mit ihrer einst besten Freundin, was Kim nicht zulassen kann. Sie wird in verschiedenen Körpern wiedergeboren, zum Beispiel als Kuh oder als Meerschweinchen, und wird auf ihrer Reise von Casanova, dem venezianischen Liebhaber aus dem 18. Jahrhundert, begleitet.
Der Sprachstil ist sehr flüssig, der Autor verwendet einfache Satzkonstruktionen, es gibt keine langen Dialoge und komplizierten Schachtelsätze. Allgemein ist das Buch leicht zu verstehen.
Die Protagonistin befindet sich in einem Zwiespalt zwischen ihrer Familie auf der einen Seite und der leidenschaftlichen Affäre mit Daniel Kohn auf der anderen Seite. Diese Situation bleibt trotz der verschiedenen Körper, in der Kim sich befindet, menschlich und ergibt eine konstante Entwicklung für den Roman. Jedoch ist durch die vielen Wendungen und Sichtweisen der Hauptdarstellerin nie eindeutig klar, wie die Geschichte endet, was den Leser immer wieder zum Weiterlesen verleitet. Das tatsächliche Ende wird allerdings von vielen als zu kitschig empfunden, da das Reinkarnationsverfahren zum Schluss hin immer unrealistischer wird und es kein offenes Ende gibt, sondern ein typisches „Happy End“, sodass der Leser keine eigenen Gedanken einbringen kann. Diese Tatsache wird oft aber gar nicht beachtet, da sie durch die kontinuierlich hohe Spannung und die Unverwechselbarkeit der Geschichte sowie die sarkastisch witzigen Gedanken der Kim Lange überdeckt wird. Im Buch finden sich auf einigen Seiten Anmerkungen mit dem Titel „ Aus Casanovas Erinnerungen“ , welche Ereignisse beschreiben, die für Casanova unverständlich sind. Der Leser aber weiß ganz genau, was damit gemeint ist und findet die Erinnerungen in der zusammenhängenden Erzählung wieder. Zum Schmunzeln anregende Stellen im Buch sind unter anderem sich vegetarisch ernährende Hunde, die Wiedergeburt von Hitler als Darmbakterie oder die immer wieder erscheinende Figur des Buddha. Allgemein ist das Buch sehr schlagfertig und humorvoll.
Die Intention der Geschichte ist vor allem, dass der Leser über eigene Fehler nachdenkt, sie einsieht und versteht. Man soll selbst „gutes Karma sammeln“. Der Autor trifft den Nerv der Zeit, nämlich alles der Karriere zu opfern und sich selbst dabei zu vergessen mit der Verkörperung seines Gedanken in Form von der egoistischen Kim Lange gut. Denn obwohl sie sehr viele menschliche Schwächen hat, wirkt sie sympathisch und man kann sich in manchen Situationen mit ihr identifizieren.
Meiner Meinung nach ist dem Autor gelungen, diese Intention zu vermitteln, da er alltägliche Situationen, die jedem geläufig sind, zu einem Roman verarbeitet. Ich würde das Buch sofort weiterempfehlen, denn, trotz skurriler Handlung, bleibt es immer verständlich. Man wird auf eine witzige und lockere Art darauf hingewiesen, über eigene Fehler und egoistische Züge nachzudenken.
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: Simon Beckett, Kalte Asche (Antonia Fickel)
Â
„Bei entsprechender Temperatur brennt alles. Holz. Kleidung.
Menschen.
Ab 250° Celsius fängt Fleisch Feuer. Die Haut wird schwarz und platzt auf. Die subkutane Fettschicht beginnt zu schmelzen wie Butter in einer heißen Pfanne. Bald darauf brennt der ganze Körper. Von den Armen und Beinen greift das Feuer auf den Rumpf über. Sehnen und Muskelfasern ziehen sich zusammen, sodass die lodernden Gliedmaßen sich bewegen, als wäre noch Leben in ihnen. [...]; die letzte Bastion des Lebens verwandelt sich zu Asche. Ein Prozess, der, von wenigen Abweichungen abgesehen, unweigerlich demselben Muster folgt.
Aber nicht immer.“
Oftmals entscheiden beim Bücherkauf die ersten Seiten eines Buches, ob man es liest oder wieder zurücklegt.
David Hunter, Rechtsmediziner der Universität London, war eigentlich auf der Heimreise, als er auf eine kleine Insel namens Runa in Schottland geschickt wird um eine Leiche zu inspizieren. Dort befindet sich eine fast völlig verbrannte Leiche. Nun soll Hunter klären ob es sich um einen Mord handelt oder bloß ein Unfall vorliegt.
Runa, die kleine Insel mit einer eingeschworenen Gemeinde, erschwert Hunter Ermittlungen durchzuführen. Mithilfe des alten Polizeiinspektors Andrew Brody untersucht er schließlich den Fall.
Die Leiche – weiblich – weist deutliche Spuren eines starken Schlages am Schädel auf. Da seit Wochen keiner die Insel verlassen haben soll, muss sich der Täter noch auf der Insel befinden.
Durch einen aufziehenden heftigen Sturm und eine unheimliche Atmosphäre, wird Runa von der Außenwelt abgeschnitten. Nun müssen die Ermittler davon ausgehen, dass mögliche Spuren, Zeugen und Hinweise der Tat beseitigt werden und die beiden Detektive womöglich selbst davon betroffen sind.
„Kalte Asche“ ist der zweite Teil der Krimireihe von Simon Beckett, in dem der Rechtsmediziner David Hunter Morde aufdecken soll.
Der Krimi beginnt mit einem Einstieg darüber, wie ein Mensch zu Asche wird. Wem dies zu krass ist, wird das Buch eher meiden. Wenn man sich jedoch dafür entscheidet das Buch zu lesen, wird man auf eine Mordgeschichte treffen, die sich erst in der zweiten Hälfte des Buches heraus entwickelt. Dann jedoch richtig spannend wird. Das Buch bietet genaue und sehr gute Beschreibungen über Personen und Landschaften, wodurch die Handlung teilweise vom eigentlichen Weg weggeführt wird und auch oftmals etwas langweilig und eintönig wirkt.
Im Ganzen ist „Kalte Asche“, ein gut ausgearbeiteter Krimi mit sehr vielen Informationen, durch die man teilweise vom Lesen abkommt.
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama (Franziska Krüger)
Â
Der irische Schriftsteller John Boyne behandelt in seinem Buch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ die Thematik der Judenvernichtung im Dritten Reich auf eine vollkommen andere Art und Weise. Ihm gelingt es damit Menschen auf der ganzen Welt zu erreichen und ein Werk gegen das Vergessen zu schaffen.
Das Buch handelt vom neunjährigen Bruno, der mit seiner Familie von Berlin nach Auschwitz umzieht. In Berlin, wo auch seine besten Freunde leben, wohnte er in einem „sehr schönen Haus mit insgesamt fünf Stockwerken“. Ihr neues Zuhause jedoch ist sehr klein und so abgelegen, dass es nicht mal Kinder zum Spielen gibt. Er vermisst Berlin und versteht den Grund ihres Umzuges nicht. Niemand erklärt dem Neunjährigen, welche wichtige Arbeit sein Vater, der immer uniformiert ist, dort erledigen muss.
Das einzige was Bruno interessant erscheint, ist ein großer Zaun, der direkt hinter dem Haus beginnt und sich nach links und rechts unendlich weit erstreckt. Vom Zimmerfenster seiner Schwester aus kann er erkennen, dass sich dahinter Baracken und „aberhunderte Menschen“ befinden, die von Soldaten angeschrien werden oder Schubkarren umher schieben.
Trotz dem Verbot seiner Eltern beschließt Bruno eines Tages den Zaun zu erforschen und läuft an ihm entlang. Dabei trifft er auf den gleichaltrigen Schmuel, der - wie alle Menschen hinter dem Zaun - einen gestreiften Pyjama tragt. Für Bruno steht fest, dass er „noch nie einen dünneren oder traurigeren Jungen“ gesehen hat. Schmuel ist die wahrscheinlich bewundernswerteste Figur des Buches, denn er schafft es trotz seines jungen Alters die Leiden des Konzentrationslagers zu ertragen ohne an seinem Schicksal zu verzweifeln. Obwohl Bruno und Schmuel aus komplett verschiedenen Welten kommen werden sie schnell Freunde, was jedoch zu einem tragischen Ende führt.
Der neunjährige Bruno weiß nichts von Holocaust und Antisemitismus. Dies ist zwar während des Nazi-Regimes sehr wirklichkeitsfremd, da Rassenlehre auch in der Schule unterrichtet wurde, doch eben Brunos naive Unbefangenheit macht es möglich, den Holocaust auch einmal von einer anderen Seite zu zeigen. Die kindliche Unwissenheit wird durch die naive Perspektive, einen personalen Er-Erzähler und simple Wortwahl dargestellt. Der Leser wird durch den Klappentext absichtlich nicht über den Inhalt informiert wird, doch er kann sich anhand vieler Hinweise den geschichtlichen Hintergrund selbst erschließen. Obwohl beispielsweise Hitler namentlich nie erwähnt wird, sondern immer nur vom „Furor“ gesprochen wird, lässt sich der Zusammenhang leicht erfassen. Man erkennt bald, dass Brunos Vater ein wichtiger NS-Offizier ist und „Aus-Wisch“ eigentlich Auschwitz heißt, aber genauso wenig wie der Neunjährige die Vorgänge hinter dem Zaun versteht, können wir die Gräueltaten und deren Sinn begreifen.
Da der Autor nicht den Anspruch erhebt einen historischen Tatsachenroman zu schreiben, sondern sich auf emotionaler Ebene an die Thematik des Dritten Reiches annähert, stören im Gesamtzusammenhang auch unrealistische Szenen nicht sehr. Bruno kann zum Beispiel unter dem Zaun, der das Konzentrationslager als praktisch unüberwindbares Hindernis umgibt, durchkriechen. Dies tut er in der Absicht Schmuel bei der Suche nach dessen Vater zu helfen. Auf der anderen Seite angelangt, muss er feststellen, dass diese nicht seinen Vorstellungen entspricht. Als die beiden Jungen mit vielen anderen Menschen in einen sehr engen, warmen Raum geführt werden, kann es Bruno immer noch nicht begreifen. Der Tod des Neunjährigen in der Gaskammer ist mehr als ein dramatischer Zufall, der den Leser zum Weinen bringen kann. Er zeigt die Hoffnungslosigkeit der Situation dadurch, dass es sogar in der Geschichte eines Kindes keine Rettung mehr gibt. Brunos Tod war genauso unverdient und sinnlos wie der aller Anderen, die mit ihm gestoben sind. Wahrscheinlich ist es auch das, was uns die Fabel lehren will. Wieso „Der Junge im gestreift Pyjama“ als Fabel tituliert wurde ist für viele unverständlich. Denn auf John Boyne´s Werk treffen die typischen Eigenschaften einer Fabel nicht zu. Beispielsweise handelt es sich nicht um Tiere, die menschliche Eigenschaften verkörpern. Es wäre jedoch übertrieben anzunehmen, dass die Gattungsbezeichnung nur eine Entschuldigung für die vielen unrealistischen Stellen sei. Das Lehrhafte, das auch typisch für eine Fabel ist, ist wiederum klar ersichtlich. Vor allem der letzte Satz des Buches zeigt, dass ein erneutes Auschwitz, eine Wiederholung des NS-Regimes verhindert werden soll: „Natürlich geschah dies alles vor langer Zeit, und etwas Ähnliches könnte nie wieder passieren. Nicht in diesen Tagen. Nicht in diesem Zeitalter.“
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: Robert Harris, Vaterland (Florian Leibold)
Â
Was wäre, wenn Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätte? Wenn Hitler sich nicht selbst umgebracht hätte und die Nationalsozialisten über Europa regieren könnten?
Diese Fragen stellten sich nicht nur Historiker, sondern auch Robert Harris, der in seinem Roman „Vaterland“, dieses Szenario als Ausgangspunkt für die Geschichte um den Kripo-Mordfahnder Xaver März macht.
Es geht um den Mord an einem Parteibonzen. Eine Woche vor dem Geburtstag des Führers bahnt sich ein Skandal an, der wie sich später herausstellt, weit mehr als nur ein skandalöser Mord ist.
Aber von vorn: Der Roman beginnt am 14. April 1964. Der Krieg hat seit 1942 eine andere Wendung bekommen und deshalb stehen sich im Kalten Krieg nicht die USA und Russland, sondern Deutschland und eine Verbindung der USA und Russlands, gegenüber. Das soll aber durch einen Besuch des US-Präsidenten in Deutschland geklärt werden.
Doch während sich in ganz Berlin die Vorbereitungen für den Staatsbesuch und gleichzeitig Hitlers Geburtstag vollziehen, ereignet sich ein Mord, zu dem zunächst der Protagonist März gerufen wird. Bei seinen Ermittlungen stößt März auf immer mehr Ungereimtheiten, die vor allem mit der Wannseekonferenz, bei der angeblich die Judenvernichtung „beschlossen“ wurde, zu tun haben. Als er von dem Fall abgezogen wird, ermittelt er alleine weiter. Im späteren Verlauf trifft er auf die amerikanische Journalistin Charlotte Maguire. Mit ihr will er Dokumente in die Schweiz schaffen, die Beweise für die Gräueltaten des Nationalsozialismus beinhalten.
Der Leser erlebt die ganze Woche vom 14. April 1964 bis zu Führers Geburtstag am 20. April. Dabei ist das Buch in 7 Teile, einer für jeden Tag, eingeteilt. In den nachgestellten Bemerkungen stellt Harris einzelne Personen und ihre „wahre“ Geschichte dar.
Das Szenario, welches Harris in „Vaterland“ schafft, wirkt, als wäre es echt. Sein Thriller wird durch die Verwendung vieler wirklich existierender Personen des Nationalsozialismus sehr realistisch.
Auch durch die Verwendung von Originaltexten wirkt der Roman alles andere als fiktional.
Alles stimmt in seiner Idee: Die Organe wie SS und SA, sowie die Gestapo, die parallel zur Polizei und anderen Institutionen laufen. Harris spinnt die Geschichte weiter, als hätte es nie ein Ende des Krieges zum Nachteil des Dritten Reiches gegeben.
Doch um dieses perfekte Bild wickelt er die Geschichte einer Vertuschung ungeheuren Ausmaßes. Der Leser überblickt mit jeder Spur, der März nachgeht, die Situation besser und besser.
Wer sich ein wenig in der Geschichte des Nationalsozialismus auskennt, entdeckt bei jeder dieser Spuren einen weiteren Griff in die Historie.
Harris passt sein „Vaterland“ an die Ideologie der Nationalsozialisten an.
Genauso sollte sich der Leser nun an diesen außergewöhnlich „realen“ Roman anpassen.
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: Nele Neuhaus, Schneewittchen muss sterben (Verena Fiedler)
Â
Am 6. September 1997 starben zwei Mädchen. Laura Wagners uns Stefanie Schneebergers Leichen werden nie geborgen. Sie verschwanden in der Nacht vom 6. auf den 7. September, während der Kerb (Kirchweih) in Altenhain, spurlos. Aufgrund von Indizien wird Tobias Sartorius auf zehn Jahre Haft verurteilt. Er verließ das Fest vorzeitig und in seinem Auto wurde das Blut von Laura Wagner festgestellt und auf seinem Hof Lauras Kette und Stefanies Rucksack gefunden. Außerdem fand man in der Jauchegrube den Wagenheber, mit dem Stefanie Schneeberger erschlagen wurde.
Nachdem Tobias Sartorius am 6. November 2008 aus der Haft entlassen wird, erwartet ihn schon seine ehemals beste Freundin Nadja Unger, alias Nadja von Bredow. Sie bietet ihm an, dass er solange bei ihr schlafen könne bis er etwas eigenes gefunden hat. Tobias möchte aber erst nach Hause zu seinen Eltern nach Altenhain fahren. Dort findet er die Gaststätte seines Vaters „Zum goldenen Hahn“ geschlossen vor und der Hof seines Vaters ist völlig verwahrlost und voll von Gerümpel. Am gleichen Tag stößt ein Baggerfahrer bei Abrissarbeiten auf einem stillgelegten Militärflughafen auf eine Leiche in einem Treibstofftank. Die Kriminaloberkommissarin Pia Kirchhof leitet dabei die Ermittlungen. Nach den forensischen Untersuchungen stellt sich heraus, dass die Überreste der Leiche die von Laura Wagner sind. Daraufhin rollt sie Tobias Fall von vor zehn Jahren noch einmal neu auf. Bei der Durchsicht der Akten fällt ihr auf, dass es Tobias zeitlich auf keinen Fall hätte schaffen können von Altenhain nach Eschborn und wieder zurück zu fahren. Sie wird misstrauisch. Ein weiterer Fall trifft ein: Rita Cramer wird von einem Unbekannten von einer Brücke auf ein fahrendes Auto gestoßen. Es gibt jedoch einen Zeugen, der sogar ein Phantombild des Täters erstellen kann. Rita Cramer fällt nach dem Sturz ins Koma, der Fahrer des Autos stribt an den Folgen eines Herzinfarktes.
Als Pia Kirchhof die Eltern von Laura über den Fund der sterblichen Überreste ihrer Tochter berichtet, identifiziert sie Lauras Vater Manfred Wagner als unbekannten Täter. Dieser gesteht seine Tat auch sofort und wird abgeführt. Jedoch pocht er darauf, dass er Rita Cramer nur habe warnen wollen, da Altenhains Dorfbewohner nicht über Tobias’ Rückkehr begeistert seien. Dabei sei es zu einem Handgemenge gekommen und Rita Cramer sei gestürzt. Anschließend wird Manfred Wagner festgenommen.
Dass sich die Dorfgemeinschaft gegen Tobias verschworen hat, wird nicht nur durch gemeine Parolen an Sartorius’ Hauswand, wie: „ACHTUNG, HIER WOHNT EIN MÖRDERSCHWEIN“ deutlich, auch dass keiner der Dorfbewohner das Phantombild erkannt haben will, schließt eindeutig darauf hin.
Als Nadja Tobias zum ersten Mal in ihr Penthouse in Frankfurt mitnimmt, landen die beiden gleich im Nett, woraus sich dann auch eine Liebesbeziehung entwickelt.
Jeden Abend, nach ihrer Schicht im „Schwarzen Ross“, begleitet Thies Terlinden Amelie nach Hause. Ihr wird oft gesagt, dass sie „Schneewittchen“ sehr ähnlich sehe und auch, dass Thies sehr unter ihrem Tod gelitten habe, da er ja so oft bei Stefanie gewesen war. Auch Amelie gewinnt sein Vertrauen. Eines Tages bringt er ihr zusammengerollte Bilder und beteuert, sie solle sie verstecken, aber nicht ansehen. Er sagt, er habe Schneewittchen nicht beschützen können, werde nun aber besser auf Amelie aufpassen. Da Amelie viel zu neugierig ist, schaut sie sich die Bilder dennoch an und staunt über deren Inhalt. Sie zeigen mit fotografischer Genauigkeit Bilder von der Mordnacht von Laura und Stefanie. Offensichtlich hatte Thies die beiden Morde auf dem Hof Sartorius beobachtet. Da Amelie in Berlin jedoch des Öfteren Probleme mit der Polizei bekommen hatte, möchte sie lieber mit Tobias über die Bilder sprechen. Als sie ihn am Tag darauf bei einem Spaziergang trifft, ist sie Schockiert. Er hat überall blaue Flecke und Wunden. Am Abend zuvor war er von drei Unbekannten brutal zusammengeschlagen worden. Amelie gibt ihm den Hinweis, dass Felix Pietsch, Michael Dombrowski und Jörg Richter zu spät zum Skat erschienen waren. Möglicherweise waren sie die Täter. Gerade als sie Tobias von den Bildern erzählen wollte, taucht Nadja auf, woraufhin Amelie die beiden alleine lässt. Auch Tobias wundert sich über Thies Bildern und erzählt seiner Freundin davon.
Etwas später an diesem Tag nimmt Thies Amelie mit in das Verlies unter seinem Atelier und zeigt ihr die mumifizierte Leiche Stefanie Schneebergers, die er seit elf Jahren bewache.
Seit Tagen erhält Kultusminister Lauterbach beunruhigende Drohbriefe und e-Mails, dass jemand wisse, was damals in der Scheune passiert sei und wenn er die Klappe halte, werde nichts passieren. Auch wird ihm ein Foto des Schlüsselbundes zugeschickt, den er dort verloren hatte.
Abends wird Tobias von Jörg Richter und Felix Pietsch in die Garage seines Onkels eingeladen, um, wie früher, ein paar Bierchen zu trinken. Als er am Nächsten Tag völlig verkatert aufwacht, erfährt er, dass Dr. Lauterbach ihn um 2 Uhr nachts fast bewusstlos an der Bushaltestelle gefunden und nach Hause gebracht hat. Des Weiteren erfährt er, dass seit dieser Nacht Amelie spurlos verschwunden ist. Es ist für ihn wie ein Déja-vu: ein Mädchen wird vermisst und er hat einen Filmriss. Als die Polizei bei ihm eintrifft erzählt er was er weiß, auch von Thies Bildern. Diese sind jedoch schon von Nadja, als Polizistin verkleidet, bei Amelie abgeholt und vernichtet worden. Bei einer Hausdurchsuchung, wird Amelies Handy in seiner Hosentasche gefunden. Wieder spricht alles gegen ihn.
Da Thies durch Amelies verschwinden völlig verstört ist, lässt Dr. Lauterbach ihn in eine psychiatrische Einrichtung einweisen.
Auch Claudius Terlinden wird über Amelies Verschwinden befragt. Dieser gibt an mit seiner Frau in Frankfurt essen gewesen zu sein, was sich bei der Überprüfung auch als richtig herausstellt.
Terlindens anderer Sohn Lars wird am nächsten Tag in der Nähe von Frankfurt tot in seinem Auto aufgefunden. Zur gleichen Zeit erhält Tobias einen Brief. Lars schreibt, es tue ihm leid, dass er Tobias verraten habe.
Am gleichen Tag brennt Thies Atelier ab. Bei der Ursachenfindung stößt man auf Brandbeschleuniger und auf das Verließ in dem Stefanies Leiche liegt.
Nadja und Tobias verstecken sich derweil in einer Berghütte in der Schweiz.
Währenddessen wurde Amelies Handy ausgewertet und man stieß auf Fotografien der Bilder. Auf ihnen waren Felix Pietsch, Jörg Richter, Michael Dombrowski, die beiden Opfer, Nathalie Unger bzw. Nadja, Lars Terlinden und Gregor Lauterbach.
Die Mordnacht wird mit deren Aussagen also rekonstruiert:
Pietsch und Richter haben Laura in der Tatnacht auf dem Sartorius-Hof vergewaltigt. Als das Mädchen flüchten konnte, stieß sie mit Lars Terlinden zusammen, fiel unglücklich und wurde bewusstlos. Die drei Männer haben das Madchen schließlich in Tobias’ Auto verfrachtet und auf dem stillgelegten Militärflughafen in einen Tank geworfen. Stefanie Schneeberger hatte zur gleichen Zeit Sex mit ihrem Lehrer Lauterbach in Sartorius Scheune. Da er seinen Schlüsselbund verloren hatte und panisch suchte, lachte Stefanie ihn aus. Dies machte Lauterbach so wütend, dass er sie mit einem Wagenheber erschlug. Nadja, die alle Taten beobachtet hatte, fand den Schlüsselbund und warf die Tatwaffe in die Jauchegrube. Thies schaffte Stefanies Leiche ins sein Verlies.
Als schließlich auch noch Thies verschwindet und einzig Dr. Lauterbach noch nicht zu den Vorfällen befragt wurde, stößt man schließlich auf eine alte Villa, die Dr. Lauterbach gehört und zum Verkauf steht. Dort finden die Polizisten Amelie und Thies, beinahe am Ertrinken, in einem Kellerloch. Das Wasser wurde aufgedreht und somit der Keller geflutet. Dr. Daniela Lauterbach hat die beiden dorthin gebracht, da sie zu viel über die Mordnacht wussten.
Tobias meldet sich am Tag darauf aus der Schweiz. Er sei mit Nadja dorthin um vor der Polizei zu flüchten. Nadja habe ihn mitten auf dem Berg in Eiseskälte absichtlich sitzen gelassen. Sie wisse alles über die Mordnacht.
Da das Buch von Anfang bis zum Ende durchgehend spannend geschrieben ist, lässt Neuhaus nie Langeweile oder langatmige Szenen aufkommen. Dies vermittelt sie vor allem durch das Springen von Handlungsorten und durch eingeschobene Rückblenden. So werden alle Handlungen, die in der Mordnacht von Laura und Stefanie geschehen, als Rückblenden dargestellt. Die eigentliche Handlung beschränkt sich dagegen nur auf das jetzige Geschehen.
Da das Buch nicht in Kapitel, sondern in Tage gegliedert ist, wird der Handlungsverlauf trotz der vielen verschiedenen Sprünge klar und deutlich vermittelt. Man kann sich theoretisch auch an nur eine Handlungsschnur, z.B. die von Tobias hängen und versteht trotzdem alles.
Meiner Meinung nach ist das Buch absolut lesenswert, auch für erfahrene Krimileser. Durch den durchgehenden Spannungserhalt, die lebendige Sprache und die Handlungssprünge wird der Leser regelrecht an das Buch gefesselt. Ich habe das Buch innerhalb von drei Tagen gelesen, mein persönlicher Rekord, bei dem Umfang des Buches.
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: Manfred Böckl, Die Leibeigenen (Antonia Fickel)
Â
Der historische Roman „Die Leibeigenen“, geschrieben von dem deutschen Autor Manfred Böckl, ist 2004 erschienen.
Die Handlung spielt im 14. Jahrhundert, in der Zeit des finsteren Mittelalters.
Mariann und Konrad leben in einem Dorf an der Donau. Dieses steht unter der Macht des Natternburger Ritters. Das junge Paar wird am Abend ihrer Hochzeit von Waffenknechten des Burgherrn überrascht. Zu dieser Zeit hatte der Burgherr Anspruch auf die erste Nacht von frisch verheirateten Frauen. Konrad jedoch will Mariann nicht gehen lassen und wirft einen Gesandten so unglücklich vom Pferd, dass dieser stirbt. Daraufhin flüchtet das junge Ehepaar. Mariann und Konrad kämpfen sich als Vogelfreie, mit Hilfe anderer Leibeigenen, bis in die Region des Arber durch, in der kein Herr mehr Macht über sie hat. In diesem Gebiet lassen sie sich nieder und bauen mit eigenen Kräften einen Hof namens „Bärnreuth“ auf.
Der Roman beinhaltet 253 Seiten, die in 12 Kapitel unterteilt sind. Am Anfang eines Kapitels findet man einen Absatz aus der Chronik des Eginhart Bärnreuther, der Bauer auf Bärnreuth war und die Geschichte von Mariann und Konrad aufgeschrieben hat. Dieser kurze Auszug wirkt wie eine kleine Zusammenfassung des Kapitelinhalts und gibt einen Überblick über den Verlauf der Handlung.
Der Roman beschreibt das Leben von kleinen Leuten, die nicht unter der Gewalt eines anderen stehen wollen, den Aufbau einer Existenz und von Freundschaften.
Insgesamt enthält er eine schöne Handlung, die man in kurzer Zeit lesen kann.
Nicht ganz real erscheint jedoch, dass sich dass junge Ehepaar ohne große Zwischenfälle ein neues Leben aufbauen kann und (eigentlich) immer unbeschadet davon kommt.
Wer also einen historischen Roman lesen will, der nicht so anspruchsvoll ist, in den man nicht viel Zeit investieren muss und der einen unterhält, für den ist „Die Leibeigenen“ gerade richtig.
Â
******************************************************
Â
Rezension zu: M. J. Rose, Die Magdalenen Morde (Lena Baumeister)
Â
Der Erotik-Thriller „Die Magdalenen Morde“ von M. J. Rose erschien im Jahr 2006 erstmals als deutschsprachige Ausgabe in der Cora Verlags GmbH & Co. KG in Hamburg.
Maria Magdalena – schon immer galt sie als erotische Verführerin, die Jesus als Jüngerin nach Jerusalem begleitet hatte. Sie wird häufig als Sünderin dargestellt. In dem Roman „Die Magdalenen Morde“ spielt sie zwar keine direkte Rolle, jedoch wird ihre Figur als Verbindung zwischen dem Begriff „Sünde“ und einer Reihe an Ritualmorden an Prostituierten in New York herangezogen. Die Opfer werden im Nonnenkostüm und umgeben von religiösen Gegenständen und Symbolen aufgefunden.
Sexualtherapeutin Dr. Morgan Snow sorgt sich um eine ihrer Patientinnen, Cleo Thane – eine Edelprostituierte, die verschwunden ist. Nachdem sie von Detective Noah Jordan vom New Yorker Police Department gefragt wird, ob sie die Ermittlungen gegen den Serienkiller begleiten würde, erkennt sie einen möglichen Zusammenhang mit dem plötzlichen Verschwinden ihrer Patientin. Sie begibt sich in Gefahr, da sie durch ihre Schweigepflicht als Psychologin Detective Jordan nicht alles über Cleo erzählt und auf eigene Faust Nachforschungen anstellt. Das Geheimnis zwischen der Edelprostituierten und ihrer Therapeutin ist ein Manuskript für einen Roman, welchen Cleo verfassen wollte. In diesem Manuskript nennt sie ihre Freier beim Namen und erzählt über Dinge, die für einige dieser Männer gefährlich werden könnten. Dr. Morgan sieht hier einen klaren Bezug zu den Ritualmorden des Serienkillers. Doch als wäre sie nicht schon genug mit dem Fall und den Ermittlungen beschäftigt, bahnt sich zwischen ihr und Detective Noah Jordan eine komplizierte Liebesbeziehung an, die es Morgan nicht unbedingt leichter macht, die Sache mit dem Manuskript für sich zu behalten.
Die Erzählweise des Romans ist sehr gewagt, da die Autorin in einem Wechsel zwischen Erzählungen in der dritten Person und der Ich-Erzählerin Morgan Snow schreibt. Bis auf diesen ständigen Wechsel ist der Sprachstil allerdings sehr flüssig.
Es handelt sich bei dem Roman um die Konfliktsituation der Psychologin Dr. Morgan Snow, der es schwer fällt, ihr Privatleben von ihrem Beruf zu trennen, da sie sich zum einen sehr intensiv mit den Problemen ihrer Patienten auseinandersetzt und zum anderen eine Liebesbeziehung zu Detective Noah Jordan hat. In dem Buch besteht also ein ständiger Zwiespalt zwischen Morgans Selbstfindung und ihrer Arbeit. Nach dem rasanten Anfang des Thrillers, in dem einige Morde stattfinden und detailliert beschrieben werden, legt sich die Spannung ein wenig, da es dann mehr und mehr um das Leben und die persönlichen Probleme der Protagonistin Morgan geht. Die Ermittlungen laufen zwar weiter, man erfährt aber nur wenig darüber und der Schwerpunkt wird nun mehr auf das Verhältnis zwischen Morgan und Noah gesetzt. Als zum Ende hin immer weniger Verdächtige als Täter zur Auswahl stehen wird die Geschichte jedoch wieder spannender, da jetzt auch der vermutete Zusammenhang zwischen den Morden und Cleo verdeutlicht wird. Der Wechsel zwischen der Ich-Form und der dritten Person wird von einigen als verwirrend empfunden, da es schwer ist, sich neu in die bestimmte Situation einzulesen. Allgemein ist das Buch sehr spannend, da die gefährlichen Erotik-Elemente sowohl einen Kontrast zu der Hauptfigur darstellen, weil sie sich persönlich nicht mit solchen Leidenschaften anfreunden kann, andererseits wird aber auch eine Verbindung zu ihr hergestellt, da sie sich als Sexualtherapeutin beruflich damit befasst und somit einen genauen Einblick in diesen Bereich hat.
Die Intention der Geschichte ist vor allem das Fesseln des Lesers an einen spannenden Krimi, sie soll durch die Situation der Protagonistin Dr. Morgan Snow aber auch verdeutlichen, dass es nicht immer leicht ist, Arbeit und Privates zu trennen, was nicht von vornherein negativ bewertet werden soll, da man diese beiden Dinge auch gut aufeinander abstimmen kann.
Meiner Meinung nach ist es der Autorin gelungen, die Spannung und Authentizität des Romans zu vermitteln. Ich persönlich finde auch den angesprochenen Wechsel zwischen den beiden Erzählformen nicht störend, im Gegenteil - ich denke, dass diese Tatsache die Unterschiede zwischen Morgan als Person und ihrem Bezug zu den Morden erst richtig verdeutlicht.
Â