Schüleraustausch 2014: Jingjiang Senior Middle School, Platen Gymnasium Ansbach, Gymnasium Feuchtwangen
Hier können Sie unseren Chinablog lesen, der 2014 von StD Volker Dollinger und StRin Karin Hitz während ihrer Reise verfasst und – da der Zugriff auf viele Onlineplattformen von China aus bedauerlicherweise nicht möglich ist – von OStR Gerd Hummert online gestellt wurde.
Unser Schüleraustausch findet jährlich statt. Während unsere Gruppe jeweils um Ostern herum etwa zwei Wochen lang unsere Partnerschule in Jingjiang, aber auch Shanghai und Peking, besucht, verbringen unsere chinesischen Gäste ihren Gegenbesuch jeweils im Juli bei uns. Hauptsponsor unseres Austausches ist die Fränkische Gesellschaft zur Förderung der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit, kurz FGZ.
Tag 1 (Montag, 21.04.)
Nachdem wir auch unsere mitreisenden Ansbacher am Bahnhof abgeholt hatten, kamen wir ohne Stau zügig voran und erreichten gegen 17.00 Uhr Frankfurt am Main. Dort luden wir unsere Koffer aus und begaben uns prozessionsartig zum Check-In im Terminal 1B. Dank der freundlichen Mithilfe der Lufthansa-Mitarbeiter bekam auch jede® Reisende seinen Wunschplatz bzw. Wunschnebenmann und wir konnten nach rascher Sicherheitskontrolle und nur leicht verspätetem Boarding kurz nach 20.00 Uhr in Frankfurt abheben …
Nach einem ereignislosen Flug, den manche verschliefen, es bei anderen mit dem Schlafen aber nicht so klappen wollte, landeten wir um 13.00 Uhr Ortszeit am Flughafen Shanghai / Pudong und wurden dort vom letztjährigen Reiseleiter Wei Zhang in Empfang genommen. Er stattete uns sogleich mit chinesischem Bargeld, einem Universalstecker und ultraschicken (!) Hüten – die vermutlich dafür sorgen sollen, dass man abtrünnige Herdenmitglieder rasch erkennt – aus.
Anschließend düsten wir mit dem Transrapid, der hier Maglev heißt, in nur wenigen Minuten in das “Stadtzentrum” von Shanghai, wobei diese Angabe eher unpräzise ist, da dieses 20 x 30 km² misst, wie wir von unserem Shanghai-Führer Holger erfuhren. Dieser wurde uns als ehemaliger Student in Deutschland verkauft, war aber nach eigener Aussage noch nie in Deutschland. Er spricht aber perfekt Deutsch, ist sehr gut gelaut und versorgt uns mit interessanten und kuriosen Informationen aus der mit 24 Millionen Einwohnern größten Stadt Chinas. Zum Beispiel dürfen hier pro Monat nur 9.000 Autos neu zugelassen werden, was dazu führt, dass Nummernschilder versteigert werden und man dafür bis zu 10.000 Euro bezahlen muss. Der Check-In im Hotel gestaltete sich problemlos und auch der Aufruf mancher Internetseiten ist möglich. Jetzt blicken wir schon erwartungsfroh unserem ersten gemeinsamen Abendessen in China entgegen … Mehr Informationen mit hoffentlich besseren Bildern (Wolken und Regen versperrten heute meist den Blick auf die Skyline des Bankenviertels) gibt es hoffentlich morgen … |
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Tag 2 (Dienstag, 22.04.)
Nach dem ersten Kennenlernen von “Frühstücken auf Chinesisch” (Teller wahllos vollladen, alles durcheinander schmatzend in den Mund stopfen und nachdem der Teller zu 75% geleert wurde, fluchtartig den Frühstücksraum verlassen) wurden wir wieder von Holger abgeholt und besuchten als erstes den Volksplatz, wo sich unter anderem das Rathaus der Stadt und ein Museum befindet und wir sogleich das erste Gruppenfoto schossen.
Anschließend fuhren wir zur Nanjing Road, wo sich vor allem die Shopping Queens und Kings in unserer Gruppe austoben konnten. Abseits der Hauptgeschäftsstraße, in der die weltweit bekannten Ketten zahlreich vertreten sind, öffnete sich für uns eine ganz andere Welt: Wir bummelten durch eine enge Gasse mit vielen der für Ostasien so typischen Garküchen, in denen die Chinesen traditionellerweise speisen.
Dass in China Arbeitskräfte günstig sind, wurde uns nicht nur dort bewusst, sondern auch beim Bummel durch einen modernen Food Store, in dem von jeder Bediensteten jeweils nur ein kleiner Bereich des Sortiments abgedeckt wurde. Neben einer breiten Auswahl von Süßspeisen und vor allem Süßigkeiten, ließ dieser Laden auch die Herzen von Geflügelfans höherschlagen.
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Danach fuhren wir zur berühmten Uferpromenade “Bund" am Huangpu-Fluss, wo wir das erste Mal die beeindruckende, erst seit 1990 entstandene Skyline des Finanzdistrikts Pudong bewundern konnten. Um viele Fotos reicher machten wir uns auf zum Mittagessen, wo uns wieder viele Speisen angeboten wurden. Frisch gestärkt machten wir uns auf, den Jin Mao Tower zu besteigen, glücklicherweise allerdings nicht zu Fuß, sondern mit einem Aufzug, der uns mit einer Geschwindigkeit von 9 Metern pro Sekunde in Windeseile auf die 340 m hohe Aussichtsplattform im 88. Stock beförderte, wo wir wundervolle Panoramafotos von Shanghais Skyline schießen konnten.
Stets angetrieben von unserem Chinesen Holger bewältigten wir alle Programmpunkte in der eingeplanten Zeit und in schon recht zügiger Manier. So schafften wir auch unseren SpazierMARSCH durch das pittoreske französische Viertel in Rekordtempo, um anschließend doch recht viel Zeit in einer Seidenfabrik zu haben, in der uns natürlich erklärt und gezeigt wurde, wie Seidenprodukte hergestellt werden. Nach dem Abendessen klang der ereignisreiche Tag mit einer Lichterfahrt aus, auf der wir die während des Tages aufgesuchten Plätze nochmals - diesmal aber bei Nacht - bewundern konnten.
Tag 3 (Mittwoch, 23.04.)
Gleich bei der ersten Begegnung mit unseren chinesischen Lehrkräften hinterließen wir wohl einen bleibenden Eindruck, indem wir – ganz anders als unser Ruf – im Gegensatz zu den Chinesen nicht um 9 Uhr abfahrtbereit am Bus standen. Ein nicht allzu kleiner Teil unserer Schüler hatte “leicht” verschlafen, sodass wir erst kurz vor zehn Uhr losfahren konnten. Trotz unseres Fauxpas ließen sich unsere chinesischen Kollegen nichts anmerken, sondern warteten geduldig auf uns und versorgten uns mit Wasser und Bananen. Auf der circa zweistündigen Fahrt nach Suzhou konnten wir vom Bus aus den hiesigen Bauboom beobachten; so sahen wir viele Hochhäuser, die Dank der billigen Arbeitskraft der vielen Wanderarbeiter, die – wie wir sahen – gleich neben der Baustelle ihre mehr als bescheidene Herberge hatten, in die Höhe wuchsen.
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Gegen zwölf Uhr erreichten wir dann Suzhou, das uns von Angela – unserer Reiseleiterin vor Ort – als eher kleinere Stadt vorgestellt wurde, tatsächlich aber um die zehn Millionen Einwohner zählt. Einmal mehr wurde uns klar, dass man in China in anderen Maßstäben denken muss als bei uns zu Hause. Trotz der Größe der Stadt und der teilweise dichten Bebauung, findet man dennoch prachtvolle parkähnliche Gartenanlagen, von denen wir nach dem Mittagessen eine besichtigten. Der Humble Administrator’s Garden ist ein mit vielen Wasserflächen und Pavillons in chinesischer Bauweise ausgestatteter privater Park, von dem Teile öffentlich zugänglich sind.
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Nach der spannenden Führung durch Angela machten wir uns auf zur letzten Etappe nach Jingjiang, wo wir im Lehrerhotel Jangtse River, einem recht komfortablen Haus mit – wie wir später noch feststellen durften – hervorragender Küche, festlich empfangen wurden. Wir wurden herzlich begrüßt, sowohl mit Worten als auch festlich gedeckten Tischen, auf denen zahlreiche Spezialitäten der Region serviert wurden. Ständig wurden neue Speisen aufgetragen und wir am Lehrertisch hatten Mühe alles zu probieren, da unsere Gastgeber uns immer wieder zuprosteten und uns mit dem Spruch “Bottom Up” (zu Deutsch etwa soviel wie “Hau weg”) dazu animierten, unsere mit Wein, Schnaps, aber auch nicht-alkoholischen Getränken gefüllten Gläsern, zu leeren. Da wir keine schlechten Gäste sein wollten, kamen wir dem Verlangen zum Wohle der Völkerverständigung gerne nach. Nach dem Erscheinen der Gasteltern löste sich unsere Runde dann in typisch chinesischer Manier in wenigen Minuten auf. In der Lobby fanden unsere Schüler und ihre Gastschüler mit deren Eltern schnell zusammen und verabschiedeten sich von uns in den chinesischen Familienalltag. Wir ließen den Abend bei einem Kaffee mit Herrn Fan, dem an der Partnerschule in Jingjiang Verantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit, gemütlich ausklingen. Sehr zu unserer Freude hat das Platengymnasium zwei ausgesprochen nette Kollegen entsandt, mit denen wir uns sehr gut verstehen, und auch zwischen den Schülern unserer Nachbarschulen stimmt nach einer eintägigen Phase des Abtastens die Chemie, wobei sich die Jungs jeweils sehr um die Mädchen der jeweils anderen Schule bemühen…
P.S. Das Abendessen vom Dienstag, das bisher unerwähnt blieb, bot essenstechnisch zwar nichts Neues, nicht unerwähnt bleiben sollte jedoch der Auftritt eines leicht bekleideten Jünglings, der das Essen mit Tanzeinlagen umrahmte, sowie den für Ostasien typischen Schlangenschnaps, den wir hier erstmals zu Gesicht bekamen. Wir konnten der Versuchung, diesen zu probieren, aber erfolgreich widerstehen.
Tag 4 (Donnerstag, 24.April)
Heute stand der Schultag an der Senior Middle School an, einer mit über 3.000 Schülern und mehr als 300 Lehrkräften für unsere Verhältnisse sehr großen Schule, in der allerdings nur die drei letzten Jahrgangsstufen 9 - 11 auf ihre Abschlussprüfungen vorbereitet werden. Wir wurden an der Schule gegen 8 Uhr – die chinesischen Schüler hatten bereits die erste Unterrichtsstunde absolviert – mit einem großen Plakat herzlich willkommen geheißen und anschließend in einem Konferenzraum zur Begrüßung durch Herrn Fan, den wir bereits vom Vortag kannten und in kurzer Zeit in unser Herz schlossen, empfangen.
Er stellte den Tagesablauf vor und zeigte uns anschließend den weitläufigen Schulcampus, zu dem u.a. ein stadionähnliches, sehr großes Sportgelände, ein Freibad und ein zur Entspannung einladender, schön angelegter und mit Koi-Karpfen besetzter Seerosenteich gehört. Nach kurzer Stippvisite in der gut bestückten Bibliothek besichtigten wir zum Abschluss des Rundgangs noch das beeindruckende Schulkino, in dem 1.000 Personen Platz finden und welches z. B. auch als Theaterspielort oder für größere Veranstaltungen der Stadt genutzt wird. Auch hier nutzte Herr Fan bei seinen Erläuterungen auf Chinesisch die notwendigen Übersetzungspausen, um mit seinem neuen Smartphone – auf das er, wie eine Englischlehrerin augenzwinkernd anmerkte, besonders stolz ist – den Schulalltag zu organisieren.
Nach unserem Rundgang durften wir einer Englischstunde beiwohnen. Das Klassenzimmer war zwar technisch gut ausgestattet, jedoch kann man nicht von optimalen Rahmenbedingungen sprechen, da mehr als 80 Schüler, einer für chinesische Verhältnisse durchaus üblichen Klassenstärke, gleichzeitig den Unterricht besuchten. Nach Stundenschluss verließen wir zusammen mit den chinesischen Schülern, die wie Ameisen aus allen Klassenzimmern kamen, den Unterrichtstrakt und begaben uns zur Mensa, die z.T. auch noch zur Abendverpflegung der Schüler genutzt wird und auf mehreren Stockwerken 3.000 Schülern Platz bietet. Zu unserer großen Überraschung war nach Ende unserer eigenen, etwa 50 minütigen Mittagspause die Mensa bereits wieder komplett leer und alle 3.000 Schüler verpflegt.
Anschließend fanden wir uns wieder im Konferenzraum zusammen, wo uns Herr Fan mehrere Filmclips zur Geschichte Jingjiangs und der Senior Middle School, die 1941 gegründet wurde und deren 70-jähriges Jubiläum 2011 im Rahmen eines pompösen Festaktes gefeiert wurde, zeigte. Eines der Highlights des heutigen Tages war eine Sportstunde, in der es zu ersten freundschaftlichen Wettbewerben zwischen chinesischen und deutschen Schülern gekommen ist. Beim Tauziehen, das offensichtlich häufiger Bestandteil des Sportunterrichts ist, unterlagen unsere Schüler beim ersten Versuch, legten sich in den folgenden Durchgängen und euphorisiert vom Sieg in Runde 2 aber so ins Zeug, dass das Seil den Belastungen nicht mehr standhielt und riss. Glücklicherweise verletzte sich dabei niemand.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Tatsache, dass der Sportunterricht nicht nach Geschlechtern getrennt und auch nicht notwendigerweise in Sportbekleidung stattfindet. Zum Abschluss des Tages an unserer Partnerschule besichtigten wir noch den Geographie-Fachtrakt, der sehr gut ausgestattet und mit sehr vielen anschaulichen Modellen bestückt ist. Kurz vor 18.00 Uhr wurden unsere Schülerinnen und Schüler von ihren Partnern bzw. Gasteltern abgeholt und wir Lehrer speisten wieder zusammen mit Herrn Fan und anderen Mitarbeitern in der Schulmensa. Angeboten wurden dieses Mal auch eine köstliche Nudelsuppe, die wir – ganz im chinesischen Stil – mit unseren Gastgebern zusammen schlürften.
Tag 5 (Freitag, 25.04.)
Da der gestrige Tag sehr anstrengend war, haben wir glatt vergessen, einen weiteren absoluten Höhepunkt des Tages zu erwähnen. Wir hatten die Ehre beim stellvertretenden Schulleiter, Herrn Zhu, einem sehr bekannten Kalligrafiemeister, eine Stunde in dieser faszinierenden Schreibkunst zu genießen. Herr Zhu führte uns in die Geschichte der Kalligrafie ein und zeigte uns, wie man den speziellen, sehr hochwertigen Pinsel hält und führt. Anschließend hatten wir die Möglichkeit das Gelernte selbst in die Tat umzusetzen, wobei auch unbegabte Künstler wie Herr Dollinger sehr großen Spaß daran hatten. Anschließend zeigte der Meister uns Lehrkräften sein beindruckendes Atelier und lud uns zu einer Tasse Tee ein. Den Schülern schenkte er großzügigerweise die begehrten Pinsel, mit denen wir geübt hatten.
Nun zum heutigen Tag: Wie am Vortag auch, wurden unsere Schüler wieder zuverlässig von ihren Gasteltern in die Schule gebracht, wo wir Lehrer sie zu unserem Tagesausflug nach Wuxi abholten. Wuxi, das 6 Mio. Einwohner zählt, war in der Vergangenheit eine Bergbaustadt mit reichen Vorkommen an Zinn und Kupfer. Nach der Erschöpfung dieser beiden Rohstoffe war es nur noch eine Stadt ohne Zinn, im chinesischen eben “Wuxi” (gesprochen Wuu Schii). Da im Gegensatz zu den oben erwähnten Metallerzen, Wuxis Tonvorkommen noch lange nicht erschöpft sind, ist die Stadt nach wie vor das Zentrum für die Herstellung hochwertiger Teekannen aus Ton, die wir zum Abschluss des Tages im Teekannenmuseum Wuxis noch bestaunen konnten. Begonnen haben wir unseren Ausflug nach Wuxi allerdings mit einer Bootsfahrt zu einer Insel im Tai Hu-See, dem drittgrößten See Chinas. Der Legende nach können Besucher der Insel ihre Sorgen hier zurücklassen und das Glück mit nach Hause nehmen, was hoffentlich auch wir getan haben. Wie auch in anderen (süd-)ostasiatischen Ländern, schreiben die Menschen hier ihre Nöte und Ängste auf kleine, rote Bänder oder Holztäfelchen, die sie dann im Tempel oder an speziell dafür vorgesehenen Orten aufhängen. Nach der Mittagspause besuchten wir eine weitere chinesische Gartenanlage und schlossen unseren Ausflug mit dem oben erwähnten Besuch des Teemuseums ab.
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Tag 6 (Samstag, 26.April)
Wie immer wurden wir zuverlässig im Hotel abgeholt und machten uns, nachdem wir die Schüler in der Schule aufgenommen hatten, auf den Weg in die Stadt Nanjing, deren Name Nan=südlich und Jing=Hauptstadt bereits auf ihre historische Bedeutung hinweist. Auf dem Weg dorthin konnten wir allerlei Kurioses beobachten, wie z. B. deutlich überladene Mofas und einen Postzustelldienst der etwas anderen Art. Besonders fiel uns auch der krasse Unterschied zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten auf, am auffälligsten äußerte sich dieser im Bereich der Fortbewegungsmittel. Neben den klischeehaften, abgewrackten Elektromofas, die uns hier täglich in großer Zahl begegnen, wird das Straßenbild zunehmend von Luxuskarossen, hauptsächlich deutscher Hersteller, geprägt. Besonders beliebt scheinen die Marken Audi, Volkswagen, BMW und Porsche zu sein.
Unser erster eigentlicher Stopp in Nanjing führte uns zum Mausoleum von Sun Yat-Sen (1870-1925), der als Gründer des modernen China verehrt wird. Zusammen mit den chinesischen Menschenmassen, die – aufgrund eines in der nächsten Woche anstehenden Feiertages, um den herum häufig Urlaub genommen wird – für fast alle Sehenswürdigkeiten typisch sind, bewegten wir uns zu dem auf einem Hügel gelegenen Mausoleum nach oben. Da die Zeit etwas knapp bemessen war, mussten diejenigen, die wirklich ganz nach oben wollten, die 400 Stufen zur eigentlichen Gedenkstätte im Sprint zurücklegen, wobei auch Herr Dollinger – trotz seines fortgeschrittenen Alters :-) – gut mithalten konnte.
Nach unserer traditionellen Mittagspause führte uns unser zweiter Stopp zur zentralen Gedenkstätte für die Opfer des Nanjing-Massakers, das sich mit einem der bedrückendsten Ereignisse der chinesischen Geschichte auseinandersetzt. Bereits vor dem Kriegsbeginn in Europa wütete in Ostasien der japanisch-chinesische Krieg, bei dem im Jahr 1937 nach chinesischen Angaben über 300.000 Bewohner Nanjings auf zum Teil brutale Weise umgebracht wurden. Bis heute ist diese Katastrophe noch tief im Bewusstsein der Chinesen verankert und belastet das japanisch-chinesische Verhältnis sehr stark, zumal die chinesische Seite mit der japanischen Aufarbeitung dieser schrecklichen Ereignisse höchst unzufrieden ist. Ganz besonders beeindruckt hat uns die Architektur der gesamten Gedenkstätte. Bereits bei der Annäherung an diese entstand ein sehr beklemmendes Gefühl, da Einzelschicksale von Opfern in Form von aussagekräftigen Skulpturen, die ohne große Erklärungen auskommen, dargestellt werden. Der dunkle und sich verengende Eingang der zentralen Gedenkhalle vermittelte uns das Gefühl in die Hölle hinabzusteigen, zumal Bilder des Massakers an die Wand projiziert wurden. Auch die weiteren Bereiche sind sehr durchdacht konzipiert. Es wurden sowohl Originaldokumente ausgestellt, als auch die Schicksale weiterer Familien aufgezeigt und zum Teil nachgestellt. Dieser Besuch wird bei uns sicherlich noch lange nachwirken.
Unser 3. Stopp brachte uns zum Tempelbezirk, der Konfuzius gewidmet ist, wobei der eigentliche “Tempel” nur aus einem kleineren Gebäude mit einer Konfuzius-Statue besteht. Früher wurden in diesem Stadtteil die mehrere Tage dauernden Prüfungen absolviert, deren Bestehen die Voraussetzung zur Aufnahme in höhere Regierungsämter war. Anders als in Deutschland werden auch heute noch Politiker nicht gewählt, sondern von der kommunistischen Partei aufgrund des beruflichen Werdegangs und der entsprechenden Linientreue bestimmt. Die zweieinhalbstündige Busfahrt nutzten wir unter anderem zur Anfertigung dieses Berichts.
Tag 7 (Sonntag, 27.04.)
Heute stand der Familientag auf dem Programm, so dass wir keine gemeinsamen Ausflüge mit unseren Schülern gemacht haben. Während viele unserer Schüler einen Freizeitpark oder ihre Gastgroßeltern besucht haben, fuhren wir gegen 8:30 Uhr – eine Stunde später als sonst – zusammen mit Herrn Fan, Frau Dai und Herrn Wang nach Yangzhou. Genau wie Suzhou wurde auch diese Stadt von Marco Polo bereist, dessen Statue uns am Tor zur Altstadt begrüßte. Interessant – aber für uns nicht sonderlich erstaunlich – ist, dass die Chinesen für sich reklamieren, Marco Polo habe hier die ursprüngliche Pizzazubereitung kennengelernt und das chinesische Rezept dann nach Italien mitgenommen.
Obgleich wir Yangzhou ja an einem Sonntag besuchten, war die Einkaufsmeile in der Altstadt brechend voll, da die Chinesen ihren freien Sonntag zu einem Einkaufsbummel zusammen mit ihren Familien nutzten. Ein Geschäft reihte sich an das andere, mit der typischen, immer wieder kehrenden Produktpalette von v. a. Tonwaren, Schmuckkästchen und Kinderspielzeug. Da das Essen für die Chinesen eine sehr wichtige Rolle spielt, durften natürlich zahlreiche Restaurants und Straßencafes – auch solche amerikanischer Art – sowie chinesische Fastfoodstände nicht fehlen. Wir nahmen unser Mittagsmahl allerdings in einem anderen Stadtviertel ein; wie immer erwartete uns ein reichlich gedeckter Tisch mit Spezialitäten der Region. Danach besuchten wir – wie auch zahlreiche Chinesen – einen der schönsten Gärten der Stadt, wobei wir nach einem längeren Spaziergang den Rückweg mit einem traditionellen Ruderboot zurücklegten. Gefahren wurden wir von einer jungen Tourismusstudentin, die sich am Sonntag immer etwas Geld dazuverdient und deren Traum es ist, einmal die Pyramiden in Ägypten zu besuchen. Besonders beeindruckt waren wir von der Kondition der jungen Frau, die uns mühelos – allein durch ihre Muskelkraft – über den rund zwei km langen See brachte und dabei noch freundlich fröhliche Lieder trällerte.
Besonders lustig fanden wir, dass wir auch in unserer kleinen, doch recht überschaubaren Lehrergruppe dazu aufgefordert wurden, wieder einmal der Flagge unseres lokalen Guides zu folgen. Besonders Frau Hitz kam dieser Aufforderung gerne nach, während Herr Dollinger als Wirtschaftler gleich eine Geschäftsidee entwickelte: Den Vertrieb von Touristensets, bestehend aus einer Fahne, Mützen, Mundschutz und Leibchen – auch solche konnten wir bereits im Einsatz bestaunen – natürlich alles in einem einheitlichen Design.
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Auf dem Weg zurück zum Bus machten wir noch kurz an einem Supermarkt halt, wo Herr Fan die bereits am Vormittag für seine 16 Monate alte Enkelin erstandene Spielzeugpistole mit Soundeffekt noch durch einen Schmetterling am Stiel, ebenfalls mit Soundeffekt, und eine kleine Trommel ergänzte. Vor dem Supermarkt beobachteten wir noch eine für China typische Szene: Eine ältere Frau, die Spielzeug verkaufte, während sie ihr Enkelkind auf dem Schoß hütete, vermutlich weil dessen Eltern aufgrund der langen Arbeitszeiten, die sehr häufig die Wochenenden mit unentgeltlichen Überstunden einschließen, keine Zeit zur Betreuung hatten. Zu Abend aßen wir dieses Mal in einem traditionellen, etwas einfacheren Restaurant in der Innenstadt von Jingjiang.
Tag 8 (Montag, 28.04.)
Unser Montag startete mit der Flaggenzeremonie, die hier jede Woche abgehalten wird. Hier versammeln sich alle 3.000 Schüler sowie der Lehrkörper unserer Partnerschule auf dem großen Sportgelände, um die chinesische Flagge feierlich zu hissen. Diese Zeremonie wird nach einem festgelegten, fast militärisch anmutenden Ritual durchgeführt. Zum Beispiel joggen die Schüler jeweils klassenweise und in Reih und Glied bei entsprechender Musik zu den ihnen zugewiesenen Plätzen. Dann wird von einer im Mittelkreis wartenden Militärabordnung die Flagge zum Mast gebracht und nach einer kurzen Ansprache gehisst. Danach löst sich die Versammlung diszipliniert und zügig auf und die Schüler kehren in ihre Klassenzimmer zurück. Obwohl die ganze Veranstaltung für uns recht beeindruckend war, glauben wir nicht, dass eine vergleichbare Zeremonie in Deutschland möglich wäre.
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Während für die chinesischen Schüler also der normale Schulalltag – wie auch an den anderen Tagen unseres Austausches – weiterging, fuhren wir nach Huaxi, einem in den 1960er Jahren von der kommunistischen Partei geplanten und gebauten Musterdorf. Damals erhielt jede Familie ein Einfamilienhaus und ein Auto zugeteilt. Während es sich bei dem Auto nur um eine einmalige Sonderleistung handelte, gilt das Wohnrecht generationenübergreifend auch heute noch. Aufgrund weiterer Privilegien und einer überdurchschnittlich hohen Bezahlung, würden viele Menschen gerne nach Huaxi ziehen, jedoch wird der Zuzug staatlich reglementiert und die Häuser sind hier, trotz der in den 1980er Jahren eingeleiteten marktwirtschaftlichen Reformen, noch in Staatsbesitz. Erstaunlich ist, dass Huaxi seit Jahren ein absoluter Besuchermagnet ist und von der kommunistischen Partei auch häufig als erstrebenswertes Paradebeispiel herausgestellt wird, jedoch wurden – trotz der Gründung Huaxis vor mehr als einem halben Jahrhundert – bis heute keine weiteren solcher Plandörfer angelegt.
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Auf der Rückfahrt nach Jingjiang besichtigten wir noch einen dazugehörigen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem in Gewächshäusern Gemüse und Obst mit Hilfe von moderner westlicher Technologie produziert wird. Nach der Ankunft in Jingjiang setzten wir eine Schülerin zusammen mit Herrn Dollinger, Frau Dai und unserer vorzüglichen Reiseleiterin aus Ansbach, Frau Jing Wang, an der Schule ab; die verbleibende Gruppe fuhr weiter zum Stadtpark, der in der Nähe des sehr großzügig dimensionierten Rathauses liegt. Während die größere Gruppe durch den Stadtpark schlenderte, nutzte die kleinere Gruppe die Zeit für einen Arztbesuch, wo sie die Hilfsbereitschaft und Professionalität unserer chinesischen Gastgeber erfuhr. Nachdem wir Frau Dai gestern von unserem Anliegen berichteten, organisierte sie für uns binnen weniger Minuten einen Termin bei einem Facharzt im Krankenhaus, zu dem sie uns heute mit ihrem Privatauto fuhr. Hier wurden wir ohne Wartezeit zuvorkommend und höchst kompetent versorgt. Nach einer kurzen Behandlung in einem modern eingerichteten Zimmer ging es unserer Schülerin wieder gut. Als großes Zeichen der chinesischen Gastfreundschaft empfanden wir die Tatsache, dass die Behandlungskosten mit einem Händedruck abgegolten waren. In Deutschland werden für entsprechende Behandlungen meist 200 bis 300 Euro in Rechnung gestellt, sowohl Herr Enghardt – unser Kollege aus Ansbach – als auch Herr Dollinger wissen dies aus eigener Erfahrung.
Am späten Nachmittag fand der deutsch-chinesische Sportwettbewerb seine Fortsetzung. Sowohl im Fußball als auch im Basketball hatten die Chinesen – vor dem Hintergrund der ersten Wettbewerbe am Donnerstag – schlagkräftige Teams zusammengestellt, sodass in beiden Wettbewerben die chinesischen Mannschaften die Oberhand behielten, was dem Spaß allerdings keinen Abbruch tat. Gegen 18:30 Uhr gingen unsere Schüler dann wieder mit ihren chinesischen Austauschpartnern nach Hause, während wir Lehrer nach einem Abendessen im Kreise chinesischer Kollegen noch einen Stadtbummel unternahmen.
Tag 9 (Dienstag, 29.04.)
An unserem letzten vollen Tag hier in Jingjiang starteten wir ausnahmsweise eine Stunde später, da unsere heutigen Ziele in Jingjiang selbst beziehungsweise in der näheren Umgebung lagen und daher die lange Anfahrt entfiel. Als erstes besuchten wir eine Tempelanlage, die aufgrund des heutigen Monatsanfangs nach buddhistischem Kalender auch von der einheimischen Bevölkerung gut besucht war. Die Anlage befindet sich auf einer Anhöhe und ist in mehrere Tempelhäuser gegliedert, in denen wir recht farbenfrohe Buddhas und Statuen anderer Heiliger bewundern konnten. Wie oben schon erwähnt, kamen viele Einheimische zum Beten und zündeten auch wieder die traditionellen Räucherstäbchen an. Auch einige Mönche schlenderten durch die Anlage. Einer davon schob unseren Schülern gleich eine zweite Bank hin, als sie sich im Innenhof in die Sonne setzen wollten und ließ sich sogar mit ihnen fotografieren. Mit Hilfe von Frau Wang unterhielt er sich auch etwas mit unseren Schülern.
Anschließend fuhren wir in einen Park mit Bonsaiausstellung. Während manche Schüler Tret- oder Elektroboot fuhren, setzten sich andere einfach ins Gras und genossen die Zeit zusammen. An dieser Stelle ein praktischer Hinweise für den nächstjährigen Austausch: Um die “Pärchenbildung” etwas zu erleichtern, sollte das Geschlechterverhältnis unbedingt ausgewogen sein.
Zum Abschluss besuchten wir dann noch die Bonsaiausstellung, wo ganze Landschaften im Miniaturformat nachgebaut waren. Herr Dollinger und Frau Hitz waren zuvor schon einmal durch den Hof der Ausstellung, in dem anscheinend die Bäumchen herangezogen werden, gelaufen und wurden auf Schritt und Tritt von dem alten Ehepaar, welches die Gärtnerei betreibt und dort offensichtlich auch in einer ungefähr sechs Quadratmeter kleinen Hütte wohnt, verfolgt. Da sie sich auch bereitwillig fotografieren ließen, interpretierten wir deren Begleitung als Interesse. Als man uns auf unserem Rundgang aber den wirklich schnellsten Ausgang zeigte und auch noch die Tür aufhielt, waren wir nicht mehr so sicher, ob wir dort wirklich willkommen waren.
Danach fuhren wir zum Mittagessen in dasselbe Restaurant, in dem wir Lehrer am Abend zuvor schon gespeist hatten. Im Gegensatz zu unseren Schülern bekamen wir aber leider nicht wieder das vom Vorabend bekannte leckere Salatdressing. Schade! Am Nachmittag stand dann – sehr zur Freude unserer Schüler – Shoppen auf dem Programm, wozu sie dreieinhalb Stunden in der Shanghai Road Zeit hatten. Ab 18.30 Uhr fand in der Mensa der Schule – diesmal zusammen mit den chinesischen Austauschpartnern – der Abschlussabend statt, der von zwei chinesischen Schülern moderiert wurde. Sowohl von chinesischer als auch von deutscher Seite waren tänzerische und musikalische Beiträge vorbereitet worden. Anders als aus Deutschland gewohnt, war die Veranstaltung aber bereits um 20.30 Uhr beendet, noch bevor das Buffet leergegessen war.
Tag 10 (Mittwoch, 30.April)
Am heutigen Mittwoch hieß es Abschied nehmen; für uns die Gelegenheit, in diesem Blog Danke zu sagen für eine unvergessliche Woche in Jingjiang, in der wir sehr freundliche Menschen kennengelernt haben und uns jeder Wunsch von den Augen abgelesen wurde – unseren Schülern in ihren Gastfamilien genauso wie uns Lehrkräften. Nachdem die chinesischen Gasteltern unsere Schüler zu uns ins Hotel gebracht hatten, fuhren wir das letzte Mal über die zwei Kilometer lange Brücke über den Jangtsekiang, entlang von dessen Ufern sich die Schlüsselindustrie unserer Partnerstadt ausbreitet. Wenngleich der Schiffbau unter der Wirtschafts- und Finanzkrise stark gelitten hat, spielt er immer noch eine wichtige Rolle.
Weiter ging es in die Nachbarstadt Changzhou, die einen Schnellzughalt hat. Am Eingang mussten wir – wie an Flughäfen – erst eine Sicherheitsschleuse passieren. Amüsant fanden wir es, dass in der Wartehalle auf einem großen Bildschirm immer wieder ein Zeichentrickfilm lief, in dem äußerst detailliert erklärt wurde, was im Zusammenhang mit dem Zugfahren beachtet werden muss. Z.B. ist auch in China Schwarzfahren verboten, ebenso wie über Absperrungen zu springen. Anders als in Deutschland kann man den Bahnsteig erst kurz vor der Abfahrt des Zuges betreten, was einerseits über elektronische Schranken, andererseits durch stets in großer Zahl und jederzeit präsentes Sicherheitspersonal sichergestellt wird.
Die Zugfahrt gestaltete sich sehr komfortabel, denn auf dem Hochgeschwindigkeitsnetz der Chinesen kommen Weiterentwicklungen des ICE 3 zum Einsatz. Wir fuhren auf der wichtigsten Hochgeschwindigkeitstrasse, welche die beiden größten Städte des Landes, nämlich Schanghai und Peking, miteinander verbindet. Die 1.200 km lange Strecke legten wir größtenteils mit einer Geschwindigkeit von 300 km pro Stunde zurück.
Am Bahnhof der 24-Millionen-Metropole Beijing (bzw. Peking) wartete bereits unser lokaler Reiseleiter Kai, der uns erst einmal zum Hotel brachte. Nachdem wir unsere Koffer auf das Zimmer gebracht und uns frisch gemacht hatten, führte er uns in ein kleines Restaurant gleich um die Ecke, wo wir die nordchinesische Küche zum ersten Mal kennenlernten. Hier sind Speisen z. B. stärker gewürzt und die aus der Region Schanghai bekannte obligatorische Wassermelone zum Menüabschluss entfiel dieses Mal.
Zum Abschluss unternahmen wir noch einen Rundgang durch das Viertel, in dem sich unser Hotel befindet und in dem auch unser Reiseleiter geboren wurde und seine ersten Lebensjahre verbracht hat. Anders als in den Vorzeigewohnvierteln der Glitzermetropole Schanghai oder im Musterdorf Huaxi bekamen wir hier einen Einblick in die Wohnverhältnisse der einfacheren Bevölkerung.
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Tag 11 (Donnerstag, 01.Mai)
Heute sind wir extra besonders früh aufgestanden, um die chinesische Mauer zu besuchen. Genau wie unser Reiseleiter prophezeit hatte, standen wir aufgrund des heutigen Feiertages bei der Anfahrt mehr im Stau als nicht und haben daher für die ca. 70 km fast viereinhalb Stunden gebraucht. Unterwegs konnten wir so allerhand beobachten,
z. B. Leute, die den Stau dazu nutzten, um Werbeprospekte an die Autofahrer zu verteilen.
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Auch wenn die Fahrt recht anstrengend sowie zeitaufwendig war und der Aufstieg auf die Mauer aufgrund des schwülen Wetters und der vielen z. T. recht abenteuerlich bemessenen Stufen – die Stufenhöhe lag zwischen sieben und siebzig Zentimetern – bisweilen recht beschwerlich war, hat sich die lange Anfahrt angesichts des imposanten Bauwerkes auf jeden Fall gelohnt. Allerdings mussten wir auch zu unserem Bedauern feststellen, dass die am Sonntag entwickelte Geschäftsidee (Hüte, Masken etc. in einheitlichem Design) bereits vergeben ist, denn wir staunten nicht schlecht, als eine Busladung voller Menschen im Einheitsdress aufmarschierte. Zunächst dachten wir, es müsse sich um eine nordkoreanische Reisegruppe handeln, jedoch konnten wir an den Namensschildern, die jeder trug, sowie an der Sprache schnell erkennen, dass es sich um eine Reisegruppe aus dem Osten der USA handelte.
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Nach dem Mittagessen besuchten wir dann noch das Olympiagelände von Peking, mit dem als Vogelnest bezeichneten Olympiastadion als Herzstück. Um die einstündige – diesmal weitestgehend staufreie Fahrt – zum Vogelnest etwas kurzweiliger zu gestalten, führte uns Kai in die Kunst der Augenmassage ein, die an chinesischen Schulen während des Unterrichtswechsels praktiziert wird (siehe Bild oben).
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Nach dem Abendessen besuchte ein Teil unserer Schüler mit den Kollegen aus Ansbach im Red Theatre eine Aufführung, in der gezeigt wurde, wie man ein Shaolinmönch wird.
Der andere Teil der Schüler blieb im Hotel zurück bzw. schloss sich Frau Hitz und Herrn Dollinger zu einem Stadtbummel durch die Hutongs südlich des Platzes des Himmlichen Friedens an.
Tag 12 (Freitag, 02.Mai)
Um die für den heutigen Tag erwarteten Menschenmassen zu vermeiden, machten wir uns gleich am Morgen auf zum Platz des Himmlischen Friedens, den größten Platz der Welt, auf dem 1 Million Menschen Platz finden, je zwei auf einem der 500 Tausend Pflastersteine. Als wir ihn besuchten, war er aber doch ziemlich leer; der große Ansturm kam erst später. Wie an so vielen Orten in China war auch hier Mao wieder präsent, grüßte sein überlebensgroßes Portrait die Besucher doch von aller Ferne.
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Lustig war, dass, als wir uns zu einem Gruppenfoto aufstellten, mehrere Chinesen recht vehement versuchten, mit auf’s Bild zu kommen. Auch ist es uns an diesem Tag später im Kaiserpalast immer wieder passiert, dass uns Chinesen angesprochen und uns gebeten haben, dass wir uns mit ihnen fotografieren ließen. In Suzhou fanden wir das recht normal, da wir dachten, Chinesen „auf dem Land“ (zur Erinnerung: Suzhou hat 10 Mio. Einwohner) würden nicht so oft Europäer zu Gesicht bekommen. In der Großstadt Peking hatten wir das allerdings nicht erwartet, aber vielleicht wurden wir ja von den „Landeiern“ angesprochen, die aufgrund des Feiertages vielleicht selbst zum ersten Mal in der Großstadt waren.
Bei der Einlasskontrolle zum Platz des Himmlischen Friedens ist uns übrigens aufgefallen, dass es anscheinend eine Art Zweiklassengesellschaft gibt. Während viele asiatische Besucher, vermutlich darunter auch viele Nicht-Chinesen, zum Teil aufs Strengste kontrolliert wurden, zum Beispiel wurde an Wasserflaschen gerochen, wurden wir Europäer einfach durch gewunken. Die gleiche Vorgehensweise haben wir dann übrigens im Kaiserpalast, wo die Kaiser der Dynastien Ming und Qing bis 1911 regierten, wieder erlebt. Beim Besuch dieses Palastes wurde uns sogleich bewusst, dass die chinesischen Kaiser zu protzen wussten.
Die Anlage, die auch als Verbotene Stadt bekannt ist und so genannt wird, weil der einfachen Bevölkerung der Zutritt untersagt war, ist einfach nur riesig. Jedes Mal wenn wir dachten, dies wäre nun der letzte Innenhof, schloss sich noch ein weiterer an. Die Bemalung der Gebäude war selbstredend genauso bunt und prachtvoll wie die Malereien, die wir bisher in Tempeln schon gesehen hatten. Übrigens ist die ganze Anlage aus Holz gebaut, was auch die in den Innenhöfen aufgestellten großen Kessel erklärt, in denen man früher für den Brandfall das Regenwasser zum Löschen gesammelt hat. Ob man mit den paar hundert Litern Wasser jedoch die gigantische Anlage bei einem Brand wirklich hätte retten können, das sei mal dahingestellt …Für uns Lehrkräfte wurde an diesem Tag übrigens noch die letzte Frage bezüglich unserer von den Amerikanern schon umgesetzten Geschäftsidee beantwortet. Wir sind nämlich wieder auf dieselbe Gruppe, die wir schon an der Chinesischen Mauer im Einheitsdress gesehen hatten, getroffen. Nur dieses Mal trugen die Herren helle Hosen und hellgrün karierte Hemden, während die Damen rote Röcke und weiße Shirts trugen. Es scheint also tatsächlich für jeden Tag ein anderes Outfit zu geben. Im Übrigen fänden wir es besonders schlau, wenn die Gruppe ganz ohne Gepäck gereist wäre und die Kleidung vorbestellt und erst in China in Empfang genommen hätte.
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Verlassen haben wir den Kaiserpalast am Schluss durch einen wunderschönen Garten mit beeindruckenden Karstgesteinen. Getrübt wurde die Idylle nur durch die Menschenmassen (Zum Glück hatten wir unsere Flagge!) und einer unaufhörlichen und recht nervigen, sich immer wiederholenden blechernen chinesischen Tonbandansage, die laut Frau Wang einfach immer nur den einen Satz wiederholte: „Dies ist eine Einbahnstraße“. Ein Schild „Only Exit“ hätte wohl genügt, mal davon abgesehen war das an dieser Stelle sowieso selbsterklärend.
Nach diesen kulturellen Highlights ließen wir uns erst einmal das Abendessen in einem traditionellem Entenrestaurant schmecken und unternahmen danach wie am Vortag unterschiedliche Dinge. Während die eine Gruppe heute die alten Hutongs und die dortige Einkaufsstraße besuchte, hatte sich der andere Teil Eintrittskarten für eine Vorführung in chinesischer Akrobatik gesichert. Neben den allseits bekannten „Schlangenmenschen“, die sich fast unvorstellbar verbiegen können, führte die Gruppe auch den gleichen Stunt auf, mit dem sie schon bei der Eröffnung der Olympischen Spiele 2008 beeindruckt hatte: in einer Metallkugel fuhren fünf Motorräder gleichzeitig und kreuzten dabei noch ihre Wege. Auf dem Heimweg vom Theater haben Herr Dollinger und Frau Hitz dann leider den Anschluss an die vom Reiseleiter geführte Gruppe verloren und konnten so auf ihrem Irrweg durch die alten Gassen noch das wahre Nachtleben der einfachen Pekinger Bevölkerung beobachten, nämlich vor allem mit Freunden am Straßenrand sitzen, reden und das Essen direkt am Tisch grillen.
Tag 13 (Samstag, 03.Mai)
Der Samstagvormittag gestaltete sich recht entspannt, denn wir mussten nicht selbst laufen, sondern wurden mit Rikschas durch die Altstadt Pekings gefahren, wo wir auch eines der traditionellen Häuser mit Innenhof besuchten. Außerdem legten wir noch einen Stopp in einem ortsüblichen Lebensmittelmarkt ein, wo eine große Auswahl an frischem Fleisch, Gemüse und Gewürzen angeboten wurde und sich einige Schüler gleich mit Curry- und Chilipulver eindeckten.
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Eine kleinere Gruppe von Schülern hatte sich gegen die Altstadttour entschieden und ging stattdessen mit Frau Wang shoppen. Mittags trafen die beiden Gruppen wieder aufeinander und unternahmen noch einen Streifzug durch Pekings Einkaufsstraßen und entlang eines Sees, an dem die Pekinger beim Tretbootfahren ihr Wochenende genossen. Nach dem Mittagessen machten wir uns auf zum Himmelstempel. Wie beim Kaiserpalast handelt es sich hier nicht einfach um einen einzelnen Tempel, sondern um eine ganze Anlage mit mehreren, zum Teil kreisrunden Tempeln inmitten eines Parks. Während hier früher für eine gute Ernte gebetet wurde, trifft sich heute im dazugehörigen und frei zugänglichen Park vor allem die ältere männliche Bevölkerung Pekings zum Karten- bzw. Brettspiel. Auch eine recht grelle Sängerin älteren Baujahres, aufgestylt mit roter Perücke und recht farbenfroher Bekleidung, trug zur Belustigung bei.
Anschließend fuhren wir zum Seidemarkt, das laut Plakat am Eingang das von Ausländern am meisten besuchte Einkaufszentrum Chinas ist. Die Auswahl an (gefälschten) Markenprodukten war auf jeden Fall riesig; auch die von Herrn Dollinger heiß begehrte Marke mit dem Polospieler als Logo gab es wieder. Leider konnte man hier aber nach Aussage derjenigen, die es probierten, nicht so gut handeln wie im anderen Einkaufszentrum, das wir am Vortag besucht hatten. Als wir uns außerhalb des Einkaufszentrums in ein Café setzten, ist uns auch aufgefallen, wie dreckig Peking eigentlich ist bzw. wie hoch die Feinstaubbelastung in dieser Stadt ist. Nach kürzester Zeit konnten wir die Staubfuseln,die man auf dem weißen Hemd unseres Ansbacher Kollegen übrigens besonders gut sah, von unserer Kleidung abpflücken.
Zum Abschluss unseres Aufenthalts in Peking fuhren wir noch zu einer Garküchenstraße, wo die ganz mutigen zu mit Honig glasierter Heuschrecke („Schmeckt geil!“) und anderen exotischen Dingen wie paniertem Hund griffen. Katze gab es übrigens auch. Damit wir es auch wirklich verstehen, hat es uns der Verkäufer nicht nur auf Englisch mitgeteilt, was er da verkauft, sondern auch gleich international: „Miau, miau!“. Unser Reiseführer hat danach übrigens gemeint, er hätte noch nie eine Gruppe geführt, die sich so mutig auf die verschiedensten Delikatessen gestürzt hätte, hatte er uns doch vorher mehrmals erklärt, wir würden die Garküchen nur zum Schauen und Fotografieren besuchen und nicht zum Essen. Daran gehalten haben sich unsere Schüler definitiv nicht!
Danach fuhren wir dann zum letzten Mal zum gemeinsamen Abendessen, dieses Mal in einem Restaurant auf dem Gelände des Olympiaparks. Als es dann schon dunkel war, machten wir uns auf zum Flughafen, wo wir nach dem üblichen Prozedere gegen 2.15 Uhr vom größten Terminal der Welt gen Heimat starteten.